tekom - Gesellschaft für technische Kommunikation - Deutschland e.V.

Erster Entwurf für die neue Maschinenverordnung veröffentlicht
Betriebsanleitung darf in Elektronischer Form bereitgestellt werden?

Dr. Claudia Klumpp

Die Europäische Kommission hat die Bereitstellung von Betriebsanleitungen in elektronischer Form als ein wichtiges Thema für die Überarbeitung erkannt (s. ‚tk‘ 1/2021 "Die Maschinenrichtlinie wird zur Verordnung"). Am 21. April hat die Europäische Kommission nun einen ersten Entwurf für die neue Maschinenverordnung veröffentlicht. In Annex III des Entwurfs ist eine konkrete Regelung für Betriebsanleitungen in elektronischer Form vorgesehen.

Ausführliche Begründung

In einem dem eigentlichen Gesetzesentwurf vorgestellten 12-seitigen "Explanatory Memorandum" geht die Kommission auf wichtige Gründe und Ziele für die Überarbeitung ein.
Für die explizite Erlaubnis von Betriebsanleitungen in elektronischer Form wurden folgende Gründe angeführt:

  • Generell hohe Kosten für die Erstellung von Papierdokumentationen
  • Kosten im Hinblick auf die Umwelt
  • Administrativer Aufwand

Wie sieht die im Entwurf vorgesehene Regelung aus?

Die im Entwurf in Annex III 1.7.4 "Instructions" vorgesehene Regelung sieht ins Deutsche übersetzt wie folgt aus:
"Die Betriebsanleitung darf in einem digitalen Format bereitgestellt werden. Auf Verlangen des Käufers beim Kauf der Maschine muss die Betriebsanleitung jedoch kostenlos in Papierform zur Verfügung gestellt werden.

Wird die Betriebsanleitung in digitalem Format zur Verfügung gestellt, muss der Hersteller
a.    auf der Maschine und in einem Begleitpapier angeben, wie auf die digitale Betriebsanleitung zugegriffen werden kann;
b.    deutlich angeben, welche Version der Betriebsanleitung dem Maschinenmodell entspricht;
c.    die Betriebsanleitung in einem Format vorlegen, die es dem Endbenutzer ermöglicht, sie herunterzuladen und auf einem elektronischen Gerät zu speichern, so dass er jederzeit darauf zugreifen kann, insbesondere bei einem Ausfall der Maschine. Diese Anforderung gilt auch für eine Maschine, in die die Betriebsanleitung in die Software der Maschine eingebettet ist."

Welche Implikationen können aus dem Entwurf gezogen werden?

  • Der Entwurf wurde nicht mehr als Richtlinie, sondern in der Form einer  EU-Verordnung gestaltet. Damit möchte die Europäische Union eine in ganz Europa einheitliche Umsetzung  sicherstellen.
  • Der Entwurf folgt dem Aufbau des Kommissionsbeschlusses 768/2008 und damit dem New Legislative Framework (NLF). Damit findet eine Angleichung an die neueren Europäischen CE-Richtlinien statt. Auch das Wording zu den Pflichten des Herstellers wurde übernommen:
    "7. Manufacturers shall ensure that the machinery products are accompanied by the instructions and information set out in section 1.7 of Annex III in a language which can be easily understood by end-users, as determined by the Member State concerned. Such instructions and information shall be clear, understandable, intelligible and legible."

Wie geht es weiter? – Noch nichts ist beschlossen oder sicher

Der von der Europäischen Kommission gemachte Entwurf wird nun in verschiedenen Gremien auf europäischer Ebene diskutiert. Der Weg durch das Europäische Parlament ist noch lang.
Fest steht jetzt schon, dass das Thema "Betriebsanleitung in elektronischer Form" heiß umstritten ist. Während die Industrie damit hadern wird, dass zusätzlich zur elektronischen Form immer noch auf Anfrage eine kostenlose Papierversion zur Verfügung gestellt werden muss, geht dieser Ansatz den Verbraucherschützern noch nicht weit genug, da der Verbraucher die Printversion aktiv einfordern muss.
Es kann sich daher noch vieles verändern. Bereits jetzt zeigt sich aber eine richtungsweisende Änderung im Denken der Europäischen Kommission zu diesem Thema.

Aktivitäten der tekom

Bereits im Jahr 2016 hat die tekom mit der tekom-Richtlinie eDok die Europäische Kommission auf dieses Thema aufmerksam gemacht. In 2019 hat die tekom zusammen mit Vertretern anderer Verbände ein Positionspapier zu diesem Thema initiiert. Hier können Sie das im September 2020 veröffentlichte Positionspapier nachlesen.

Darüber hinaus hat die tekom nicht nur an allen Stakeholder-Feedback-Runden und Public Consultations der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der Maschinenrichtlinie teilgenommen, sondern Frau Dr. Klumpp (Stellvertrende Geschäftsführerin von tekom Deutschland) hatte auch direkt ein Gespräch mit dem für die Überarbeitung der Maschinenrichtlinie zuständigen Policy Officer der Europäischen Kommission. Ein großes Dankeschön geht an die Experten des tekom-Beirats für Recht und Normen und an das tekom Europe Advisory Board for Legislation and Standards, die bei allen Aktivitäten mitgeholfen haben.

Eine der nächsten ‚tk‘-Ausgaben hat den Schwerpunkt Maschinen- und Anlagenbau. Wir halten Sie auf dem Laufenden.