Neues aus der Welt der Maschinen
Rechtliche Regelungen, Normen und Standards
Dr. Gabriela Fleischer ist Referentin Normen und rechtliche Regulierung Gesellschaft für Technische Kommunikation – tekom Deutschland e.V sowie Vorsitzende des DKE/GUK 113.1 Koordinierung der Normenreihe ISO/IEC 82079, Mitarbeiterin im DIN/DKE NA 043-02-06 GA „Digitaler Produktpass" und Mitglied der IEC/TC3 und ISO TC10/SC1 JWG 16 Maintenance of IEC 82079 series. |
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Mit Veröffentlichung der Maschinenverordnung 2023/1230 am 29. Juni 2023 im Amtsblatt der Europäischen Union ist die Katze endlich aus dem Sack: Ab 2027 dürfen Betriebsanleitungen in einem gesteckten Rahmen auch in digitaler Form veröffentlicht werden. Das kontinuierliche Lobbying von tekom und Wirtschaftsvertretern war erfolgreich[1].
Von der Richtlinie zur Verordnung
Die Maschinenverordnung wird die 2006 veröffentlichte Maschinenrichtlinie (Richtlinie 2006/42/EG) ablösen. Die Maschinenrichtlinie beruht auf den Grundsätzen des „neuen Konzepts“ von 1985. Das bedeutet, der Gesetzgeber legt verbindliche Grundanforderungen für Produkte fest, und Normen treffen Festlegungen zu technischen Details, die zur Erfüllung der Anforderungen notwendig sind. Europäische Richtlinien müssen national umgesetzt werden, was EU-weit in den Mitgliedsstaaten zu Divergenzen führt. Die EU-Kommission begründet den Vorschlag für eine Überarbeitung der Maschinenrichtlinie unter anderem mit dem Erreichen folgender Ziele[3]:
- „Verringerung der obligatorisch auf Papier bereitzustellenden Unterlagen“
- „Verringerung möglicher Divergenzen bei der Auslegung aufgrund der Umsetzung in einzelstaatliches Recht“
- „Gewährleistung der Kohärenz mit anderen NLF-Rechtsvorschriften“
Daher wurde aus der Richtlinie die Maschinenverordnung mit der Möglichkeit, Betriebsanleitungen auch in digitaler Form bereitzustellen. Der Neue Rechtsrahmen der EU (EN New Legislative Framework NLF) modernisiert und ergänzt seit 2008 das „neue Konzept“ und gibt den Ordnungsrahmen für die europäische Produktregulierung vor. Zu Betriebsanleitungen und anderen Informationen heißt es:[4]
Zitat: „Artikel 1 Allgemeine Grundsätze
(3) Die Wirtschaftsakteure sind dafür verantwortlich zu gewährleisten, dass alle Informationen, die sie über ihre Produkte bereitstellen, korrekt und vollständig sind und mit den geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft übereinstimmen.
Artikel R2 Pflichten der Hersteller
(7) Die Hersteller gewährleisten, dass dem Produkt die Gebrauchsanleitung und die Sicherheitsinformationen beigefügt sind, die in einer Sprache, die von den Verbrauchern und sonstigen Endbenutzern leicht verstanden werden kann, gemäß der Entscheidung des betreffenden Mitgliedstaats zur Verfügung gestellt wird.“
Vorteile digitaler Formate für Betriebsanleitungen und Technische Dokumentationen
Die Auswirkungen einer stärkeren Digitalisierung von Betriebsanleitungen und Technischen Dokumentationen wurden im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Maschinenrichtlinie skizziert[5]. Im Hinblick auf finanzielle Einsparungen durch digitale Formate geht man davon aus, dass Druckkosten bisher 1-4 % des jährlichen Umsatzes ausmachen. Legt man den Umsatz von 663 Mrd. EUR im Maschinenbausektor im Jahr 2017 zugrunde, wären dies jährliche Kosten von 6,63 Mrd. bis 26,5 Mrd. EUR.
Digitale Anleitungen werden auch von Nutzern bevorzugt: Nach Umfragen zu Präferenzen der Formate von Betriebsanleitungen wünschen sich 62,7 % der Befragten durchgehend digitale Formate. Man könnte also 4 Mrd. bis 16,6 Mrd. EUR einsparen – ausgehend von 82.239 Unternehmen wären dies 48.000 bis 201.000 EUR pro Unternehmen. Demgegenüber stehen Kosten für digitale Betriebsanleitungen durch die Anschaffung, Einrichtung und Wartung von Servern und Druckkosten von digitalen Betriebsanleitungen/Handbüchern. Entscheidet sich der Nutzer nach dem Kauf der Maschine dann doch für die Papierversion der Betriebsanleitung in einer Sprache, geht man von Druckkosten pro Anleitung von 0,40 EUR aus.
Eine systematische Gegenüberstellung und Abwägung der Vor- und Nachteile von digitalen Formaten und der Papierform im Hinblick auf Nutzerfreundlichkeit – wie schnell finde ich welche Informationen und wie zielgruppenspezifisch ist sie jeweils aufbereitet – und Barrierefreiheit/Zugänglichkeit – Nutzungsinformationen müssen der Zielgruppe während der vorgesehenen Lebensdauer der Maschine zugänglich (z.B. technisch verfügbar und leserlich) sein -, fehlt jedoch. Die pauschale Aussage, digitale Formate seien „nachhaltiger“, greift sicherlich zu kurz. Auch digitale Formate verbrauchen Ressourcen und haben einen „ökologischen Rucksack“.
Digitale Formate von Nutzungsinformationen sind in vielen Branchen schon alltäglich. Allen voran arbeitet die Softwareindustrie seit Jahren hauptsächlich mit digital bereitgestellten Nutzungsinformationen. Eine tekom-Umfrage hat bereits 2015 ergeben, dass 75 % aller befragten Softwareunternehmen einen Print-Anteil von unter 25 % hatten, gemessen am Gesamtdokumentationsumfang. Dagegen hatten 50 % der befragten Industrieunternehmen einen Print-Anteil von 75 % oder mehr[6]. Mit der Maschinenverordnung wird sich der Anteil digitaler Formate von Betriebsanleitungen sicherlich erhöhen.
Die Maschinenverordnung
Mit der Maschinenverordnung können ab 2027 Betriebsanleitungen, Montageanleitungen und Technische Dokumentationen auch in digitalen Formaten zur Verfügung gestellt werden. Die tekom hat ein Whitepaper[7] erarbeitet, das die Maschinenverordnung im Hinblick auf Neuerungen für Betriebsanleitungen und Technische Dokumentation beleuchtet. Die folgenden Ausführungen sind punktuelle Auszüge aus diesem Whitepaper zu Artikel 3 und 10 der Maschinenverordnung – das Whitepaper ist umfassender.
Artikel 3 Begriffsbestimmungen im Zusammenhang mit Technischer Kommunikation
Artikel 3 „Begriffsbestimmungen“ enthält Ausführungen zu 17. „Betriebsanleitung“, 18. „Hersteller“, 34. „Lebensdauer“, und 36. „professioneller Nutzer“, wobei es in der Maschinen-Richtlinie 2006 nur Begriffsbestimmungen für „Hersteller“ gibt. Die anderen Begriffsbestimmungen sind in die Maschinenverordnung neu aufgenommen worden.
Die Betriebsanleitung wird nicht als Dokument betrachtet, sondern als Summe aller vom Hersteller bereitzustellenden Informationen. Es ist bemerkenswert, dass sich die bereitzustellenden Informationen zur Zwecktauglichkeit der Maschine bzw. des dazugehörigen Produkts auf die gesamte Lebensdauer beziehen. Somit ist vorstellbar, dass die Betriebsanleitung nicht nur Anleitungen für die „Standard“-Wartung, sondern auch Informationen für die Reparatur enthalten muss. Diese Ausweitung der Herstellerverantwortung ist wohl dem „Europäischen Grünen Deal“ als politischer Leitlinie der EU-Kommission bzw. dem Gedanken der Nachhaltigkeit geschuldet. Für „professionelle Nutzer“ gibt es eine Begriffsbestimmung, für „nichtprofessionelle Nutzer“ jedoch nicht. Ein Blick in Artikel 1 „Gegenstand“ der Maschinenverordnung kann helfen, den Begriff „nichtprofessioneller Nutzer“ einzugrenzen: Hier wird gesagt, dass es um „ein hohes Maß an Schutz der Sicherheit und Gesundheit von Personen, insbesondere von Verbrauchern und professionellen Nutzern“ geht. Dies deutet darauf hin, dass es sich bei den nichtprofessionellen Nutzern in erster Linie um Verbraucher handelt. Hersteller stehen vor der Herausforderung zu beurteilen, ob die Maschinen von professionellen oder nichtprofessionellen Nutzern verwendet werden – für beide Nutzergruppen gelten unterschiedliche Anforderungen im Hinblick auf die digitale Betriebsanleitung. Wenn die „vernünftigerweise vorhersehbaren Umstände“ beide Nutzergruppen abdecken, sollte der von der Europäischen Kommission zu erstellende „Leitfaden zur Anwendung der Maschinenverordnung“ klären, inwieweit die Verwendung durch nichtprofessionelle Nutzer Auswirkungen auf die Betriebsanleitung hat. Die tekom schlägt vor, „dass eine Minderheit nichtprofessioneller Nutzer nicht ausreichen sollte, um die Maschine als für ‚nichtprofessionelle Nutzer‘ bestimmt einzustufen.“
Mit der Begriffsbestimmung „professioneller Nutzer“ ist es möglich, dass dieser nicht ausreichend qualifiziert oder nahezu ungelernt sein kann. Jedoch sind zur Berücksichtigung der Fähigkeiten „professioneller Nutzer“ im Anhang III, 1.7.4.2 Vorgaben gemacht, und die auf Artikel 153 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beruhenden Vorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz nehmen „professionelle Nutzer“ in den Blick. Dieses Konstrukt existiert jedoch nicht für „nichtprofessionelle Nutzer“, daher gilt bei der Abfassung und Gestaltung der Betriebsanleitung für Verbraucher, es „muss dem allgemeinen Wissensstand und der Verständnisfähigkeit Rechnung getragen werden, die vernünftigerweise von solchen Bedienern erwartet werden können“ nach Anhang III Abschnitt 1.7.4.1 b).
Im tekom-Whitepaper wird deshalb abgeleitet: „Ist die Verwendung durch nichtprofessionelle Nutzer unerwünscht, so muss sie durch geeignete Maßnahmen, wie z. B. entsprechend geregelte Vertriebswege sowie einen eindeutigen Hinweis in der Betriebsanleitung, ausgeschlossen werden.“
Zum Begriff „Hersteller“ nach der Maschinenverordnung ist zu sagen, dass er auch Hersteller einschließt, die Maschinen und dazugehörige Produkte für den Eigengebrauch herstellen.
Artikel 10 Pflichten der Hersteller von Maschinen und dazugehörigen Produkten
Artikel 10 legt ausführlich die Pflichten der Hersteller auch in Bezug auf Betriebsanleitungen dar – hier ist insbesondere der Absatz 7 zu nennen. Die Formulierungen ähneln denen in anderen Verordnungen und Richtlinien nach dem NLF. Mit der Maschinenverordnung wurden die Anforderungen von einem eher „geheimen und versteckten Platz“ im Anhang I, Kapitel 1.7.4 der Maschinenrichtlinie an einen prominenteren Platz im Hauptteil der Verordnung verschoben. Die neue Position unterstreicht die Bedeutung der Betriebsanleitungen. Jede Nichteinhaltung dieser Pflichten wird als formale Nichtkonformität betrachtet, die es den Marktüberwachungsbehörden ermöglicht, nach Artikel 46 geeignete Maßnahmen zur Behebung dieser formalen Nichtkonformität einzuleiten.
Zitat Maschinenverordnung
(7) Die Hersteller gewährleisten, dass der Maschine oder dem dazugehörigen Produkt die Betriebsanleitung und die Informationen nach Anhang III beigefügt sind. Die Betriebsanleitung kann in digitaler Form bereitgestellt werden. In der Betriebsanleitung und den Informationen ist das Produktmodell, dem sie entsprechen, klar zu beschreiben.
Wenn die Betriebsanleitung in digitaler Form bereitgestellt wird, muss der Hersteller
a) auf der Maschine oder dem dazugehörigen Produkt oder, falls dies nicht möglich ist, auf ihrer Verpackung oder in einem Begleitdokument angeben, wie auf die digitalen Betriebsanleitungen zugegriffen werden kann;
b) diese in einem Format bereitstellen, das es dem Nutzer ermöglicht, die Betriebsanleitung auszudrucken, herunterzuladen und auf einem elektronischen Gerät zu speichern, sodass er jederzeit, insbesondere bei einem Ausfall der Maschine oder des dazugehörigen Produkts, darauf zugreifen kann; diese Anforderung gilt auch, wenn die Betriebsanleitung in die Software der Maschine oder des zugehörigen Produkts eingebettet ist;
c) sie während der voraussichtlichen Lebensdauer der Maschine oder des dazugehörigen Produkts und mindestens zehn Jahre lang nach dem Inverkehrbringen der Maschine oder des dazugehörigen Produkts online zugänglich machen.
Auf Verlangen des Nutzers zum Zeitpunkt des Kaufs stellt der Hersteller die Betriebsanleitung jedoch innerhalb eines Monats kostenlos in Papierform bereit.
Bei Maschinen bzw. dazugehörigen Produkten, die für nichtprofessionelle Nutzer bestimmt sind oder unter vernünftigerweise vorhersehbaren Umständen von nichtprofessionellen Nutzern verwendet werden können, auch wenn sie nicht für sie bestimmt sind, muss der Hersteller die Sicherheitsinformationen, die für die sichere Inbetriebnahme der Maschine bzw. des zugehörigen Produkts und für deren bzw. dessen sichere Verwendung wesentlich sind, in Papierform bereitstellen.
Die Betriebsanleitung, die Sicherheitsinformationen und die Informationen nach Anhang III werden in einer vom betreffenden Mitgliedstaat festgelegten, für die Nutzer leicht verständlichen Sprache abgefasst und müssen klar, verständlich und lesbar sein.
Die Formulierung „Hersteller gewährleisten, dass … die Betriebsanleitung und die Informationen … beigefügt sind“ findet sich auch in anderen Richtlinien und Verordnungen nach dem NLF wieder. Jahrelang war nicht klar, ob „beigefügt“ bedeutet, dass die Betriebsanleitung in Papierform bereitgestellt werden muss. Die Marktüberwachungen haben das Papierformat verlangt, wenn die geltende EU-Verordnung oder Richtlinie eine Anleitung vorschreibt, die dem Produkt „beigefügt“ ist. Mit der Maschinenverordnung könnte man nun argumentieren, dass das „neue“ Verständnis von „beigefügt“ – was nun auch Betriebsanleitungen in digitaler Form bedeutet – verallgemeinert und auch auf andere Richtlinien und Verordnungen nach dem NLF übertragen werden kann, die digitale Formate nicht ausdrücklich zulassen. Dies betrifft zum Beispiel Geräte, die unter die Niederspannungsrichtlinie fallen, Druckgeräte, Funkanlagen.
Mit dem kurzen Satz „Die Betriebsanleitung kann in digitaler Form bereitgestellt werden.“ ist es Herstellern nun erlaubt, digitale Formate für Betriebsanleitungen zu nutzen. Jedoch lässt die Formulierung „digitale Form“ Raum für Interpretationen, da sie nicht definiert ist. Es liegt also im Ermessen der Wirtschaftsakteure, ob die „Bereitstellung in digitaler Form“ erfolgt durch:
- Herunterladen aus dem Internet,
- ein mit der Maschine geliefertes Massenspeichergerät,
- einen in die Maschine integrierten Massenspeicher mit allen erforderlichen Mitteln, um die Betriebsanleitung neben der Maschine anzuzeigen,
- ein mit der Maschine mitgeliefertes Lesegerät (z. B. ein Tablet).
Auch die Art des Formats (etwa HTML oder PDF) ist nicht festgelegt. Aber es muss die klare, verständliche und lesbare Darstellung ermöglichen.
Zitat Maschinenverordnung:
„Artikel 10
(7) …
Wenn die Betriebsanleitung in digitaler Form bereitgestellt wird, muss der Hersteller
…
b) diese in einem Format bereitstellen, das es dem Nutzer ermöglicht, die Betriebsanleitung auszudrucken, herunterzuladen und auf einem elektronischen Gerät zu speichern, sodass er jederzeit, insbesondere bei einem Ausfall der Maschine oder des dazugehörigen Produkts, darauf zugreifen kann; diese Anforderung gilt auch, wenn die Betriebsanleitung in die Software der Maschine oder des zugehörigen Produkts eingebettet ist;“
Eine weitere Anforderung an die digitale Form der Betriebsanleitung ist, dass sie druckbar sein muss.
Die druckbare Betriebsanleitung bildet eine Art „Basis“, während nicht druckbare digitale Formate (wie z. B. Videos) die druckbaren Anleitungen bereichern und ergänzen können.
Die Anforderung „Auf Verlangen des Nutzers zum Zeitpunkt des Kaufs stellt der Hersteller die Betriebsanleitung jedoch innerhalb eines Monats kostenlos in Papierform bereit“ (Zitat Maschinenverordnung ) erscheint anachronistisch. Hier hätte tekom Europe „vorgezogen, wenn es den Herstellern überlassen worden wäre, auf der Grundlage ihrer Risikobeurteilung zu entscheiden, ob eine gedruckte Betriebsanleitung auf Anfrage erforderlich ist, z. B. zur Gewährleistung der Sicherheit oder der Nutzerfreundlichkeit. Die Betriebsanleitung ist ein sicherheitsrelevanter Teil der Maschine wie jeder andere physische sicherheitsrelevante Teil. Die Hersteller sind für die Entscheidung verantwortlich, welche sicherheitsrelevanten Teile sie in ihrer Konstruktion verwenden. Es gibt keinen Grund, warum Betriebsanleitungen anders behandelt werden sollten.“
Sicherheitsinformationen in Papierform
Zitat Maschinenverordnung: „Bei Maschinen bzw. dazugehörigen Produkten, die für nichtprofessionelle Nutzer bestimmt sind oder unter vernünftigerweise vorhersehbaren Umständen von nichtprofessionellen Nutzern verwendet werden können, auch wenn sie nicht für sie bestimmt sind, muss der Hersteller die Sicherheitsinformationen, die für die sichere Inbetriebnahme der Maschine bzw. des zugehörigen Produkts und für deren bzw. dessen sichere Verwendung wesentlich sind, in Papierform bereitstellen.“
Für Maschinen und dazugehörige Produkte, die für nichtprofessionelle Nutzer bestimmt sind bzw. von diesen verwendet werden, gibt es die Vorgabe, Sicherheitsinformationen in Papierform bereitzustellen. Hier lässt der Gesetzgeber einen gewissen Interpretationsspielraum, denn die Formulierung „Sicherheitsinformationen, die … wesentlich sind“ ist nicht definiert. Die tekom bevorzugt hierzu die Auslegung, dass sich die Bereitstellung von gedruckten wesentlichen Sicherheitsinformationen bzw. von einer gedruckten Betriebsanleitung mit reduziertem Inhalt sich auf die sichere Inbetriebnahme und Verwendung konzentriert, während andere Informationen zu Wartung, Reparatur, Entsorgung etc. weiterhin in digitalen Formaten bereitgestellt werden könnten.
Die Fahrradindustrie zu Sicherheitsinformationen in Papierform und digitalen Betriebsanleitungen
Elektrofahrräder gehören zum Anwendungsbereich der Maschinenverordnung. Der „ZIV – Die Fahrradindustrie“ (ZIV) plant vorausschauend, wie die Anforderungen zu Sicherheitsinformationen, die für die sichere Inbetriebnahme und Verwendung von Elektrofahrrädern wesentlich sind, umzusetzen sind. In den Vorarbeiten wird diskutiert, welche Angaben als „wesentliche Sicherheitsinformationen“ anzusehen sind und von den Fahrradhersteller in Papierform bereitgestellt werden müssten. Hierzu stimmt sich der ZIV mit Vertretern von Herstellern, Prüfinstituten, der Marktüberwachung und tekom Deutschland ab und hat folgenden Vorschlag erarbeitet:
Diese wesentlichen Sicherheitsinformationen in Papierform sind Teil der Betriebsanleitung und müssen in Zusammenhang mit den anderen Informationsprodukten der digitalen Betriebsanleitung gesehen werden.
Sobald dieser Vorschlag konsolidiert ist, soll er in den Normungsprozess einfließen und in die Überarbeitung der harmonisierten DIN EN 15194 „Fahrräder – Elektromotorisch unterstützte Räder – EPAC“ eingebracht werden, damit alle interessierten Kreise sich auf einen Konsens zu wesentlichen Sicherheitsinformationen einigen. Sobald die harmonisierte Norm im Amtsblatt der Europäischen Union (OJEU) veröffentlicht ist, bietet sie die Konformitätsvermutung mit der Maschinenverordnung. Sie ist dann eine wichtige Hilfe für die Entscheidung, welche Sicherheitsinformationen als wesentlich anzusehen sind und die Papierform erfordern und welche Informationen der Betriebsanleitung in digitalen Formaten zur Verfügung gestellt werden können.
DIN EN IEC/IEEE 82079-1 zeigt den Weg
DIN EN IEC/IEEE 82079-1:2021 „Erstellung von Nutzungsinformationen (Gebrauchsanleitungen) für Produkte – Teil 1: Grundsätze und allgemeine Anforderungen“ ist die wichtigste Norm für die Technische Kommunikation. Bei der technischen Umsetzung der Maschinenverordnung kann sie an vielen Stellen helfen. Es gibt die unbestimmten Rechtsbegriffe „klar, verständlich und lesbar“, die die Maschinenverordnung nach Artikel 10, Absatz 7 für Betriebsanleitungen, Sicherheitsinformationen und Informationen in Anhang III „Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen für Konstruktion und Bau von Maschinen oder dazugehörigen Produkten“ fordert. DIN EN IEC/IEEE 82079-1 bietet für diese unbestimmten Rechtsbegriffe im Abschnitt Grundsätze technische Umsetzungen, die auch in den Abschnitten Informationsmanagementprozess, Inhalt, Struktur, Medien und Darstellung von Nutzungsinformationen sowie im Abschnitt Berufliche Kompetenzen mit weiterführenden Festlegungen untermauert werden.
Für das in Artikel 10 Absatz 7 geforderte „klar zu beschreibenden Produktmodell“ bietet die Norm Hilfestellung in Abschnitt 7.2 „Identifikationsmerkmale“.
Für die nach Artikel 10 geforderte Kennzeichnung, wie auf die digitale Betriebsanleitung zugegriffen werden kann, bietet die Norm in Abschnitt 7.3, Abbildung 2 ein Piktogramm.
Derzeit wird die Norm international überarbeitet, und ein wichtiger Auftrag der Revision ist die noch stärkere Berücksichtigung von digitalen Formaten für Informationsprodukte von Nutzungsinformationen. Das Ziel ist, dass diese bestmöglich eingesetzt werden können, um eine sichere, effiziente, effektive und nachhaltige Nutzung von Produkten sicherzustellen. Hierzu werden beispielsweise weitere Festlegungen zur Darstellung auf Bildschirmen, zu Struktur und Navigation in den Neuen Medien und Lehrvideos in die 3. Edition der Norm aufgenommen.
Ausblick
Digitale Formate für Informationsprodukte von Nutzungsinformationen sind im Trend. Auch für den Maschinenbau haben sie wesentliche Vorteile zu bieten, vor allem für die Nutzungsfreundlichkeit der Betriebsanleitung, wenn die Informationen zur sicheren Verwendung zielgruppengerecht aufbereitet werden und eine gute Navigation den schnellen Zugang/Zugriff ermöglicht. Die Entscheidung, ob Papierform oder digitale Formate für Betriebsanleitungen geeignet sind für die sichere Verwendung der Maschinen, sollte auch in der Gesetzgebung daran gemessen werden, wie ein barrierefreier Zugang für alle Zielgruppen der Betriebsanleitung sichergestellt und eine nutzerfreundliche Aufbereitung erzielt wird, damit die Informationen klar, verständlich und sofern zutreffend lesbar sind. Nur dann kann die Betriebsanleitung ihren Auftrag erfüllen.
Entwicklungen wie der „digitale Zwilling“ und der „digitale Produktpass“ erfordern, dass Informationsprodukte von Nutzungsinformationen in digitalen Formaten bereitstehen. Beim digitalen Zwilling braucht man sie, damit beim Navigieren durch den Zwilling die notwendigen Nutzungsinformationen im jeweiligen Kontext über Verlinkungen aufgerufen werden können. Der digitale Produktpass ist bereits in einem digitalen Format. Für die Bereitstellung digitaler Formate von Nutzungsinformationen öffnet die IEC PAS 63485 ED1: Intelligent Information Request and Delivery Specification (iiRDS) - A process model for information architecture Türen in die digitale Welt.