tekom - Gesellschaft für technische Kommunikation - Deutschland e.V.

tekom-Kolloquium zur Technischen Übersetzung

AG Technische Übersetzung stellt neue Ergebnisse vor

Vertreter von Hochschulen, Weiterbildungsanbietern und Verbänden haben sich am 28. April in Würzburg getroffen, um den neuen, von der tekom-AG Technische Übersetzung erarbeiteten Kompetenzrahmen auf den Prüfsteing zu stellen. Im interaktiven Austausch mit der tekom-AG konnten Inhalt, Konsistenz und Logik des Kompetenzrahmens inspiziert und viele neue gemeinsame Ideen generiert werden.

Insgesamt 26 Vertreter:innen von Hochschulen, Weiterbildungsanbietern, Übersetzungsverbänden, von der tekom sowie die Mitglieder der tekom-AG Technische Übersetzung trafen sich am 28. April 2023 in Würzburg zu einem Kolloquium zum neuen tekom-Kompetenzrahmen für die Technische Übersetzung.

Ziel der Veranstaltung war, den neuen, von der tekom-AG Technische Übersetzung erarbeiteten Kompetenzrahmen auf den Prüfstein zu stellen: Zunächst sollte er auf inhaltliche Vollständigkeit und Konsistenz und Logik im Aufbau inspiziert werden. Weiterhin ging es vor allem um den Austausch untereinander, um gemeinsam Ideen zu generieren, wie der Kompetenzrahmen verwendet und wie dieser später gestaltet und weiterentwickelt werden kann. Dazu gehörte auch eine Einschätzung zum Nutzwert für verschiedene Nutzergruppen.

Die Geschäftsführerin der tekom, Isabelle Fleury, erläuterte in ihrer Begrüßung der Teilnehmer:innen die Hintergründe zur Entwicklung des Kompetenzrahmens für Technische Übersetzung: Die tekom-Arbeitsgruppe (AG) Technische Übersetzung, die den Kompetenzrahmen entwickelt hat, wurde 2018/2019 vom tekom-Vorstand ins Leben gerufen. Maßgeblich dafür war die Tatsache, dass das Thema „Übersetzung“ zwingend zum Berufsfeld Technische Kommunikation gehört. Die tekom befasst sich als Fach- und Berufsverband zwar mit Aus- und Weiterbildung für die Technische Kommunikation generell, doch auch der erweiterte Bereich des Berufsfelds muss mitumfasst werden, wie z.B. Lokalisierung, Übersetzung, Terminologie, multilinguale Übersetzung. Die Fragen waren, wie Technische Übersetzung am Markt betrachtet wird, welche Anforderungen es an Mitarbeiter:innen gibt und was notwendige Kompetenzen für die Ausbildung von Beschäftigten im Bereich der Technischen Übersetzung sind. Diese zu beantworten, war Aufgabe und Ziel der neuen tekom-AG Technische Übersetzung.

Zunächst wurde den Teilnehmer:innen von den AG-Mitgliedern Hans Pich und Prof. Dr. Roesener in einer Präsentation erläutert, wie und nach welchen Kriterien der neue Kompetenzrahmen entwickelt wurde. Bedeutsam ist in diesem Kontext, dass die Mitglieder der AG TÜ gleich zu Beginn ihrer Arbeit festgestellt haben, dass es zu kurz greift, wenn man nur den Aufgabenbereich der Technischen Übersetzer betrachtet. Bei dem gesamten Prozess der Technischen Übersetzung fallen, über die eigentliche Übersetzungstätigkeit hinausgehend, etliche weitere Aufgaben an, die von mehreren Personen ausgeführt werden, die in verschiedenen Rollen und unterschiedlichen Berufsprofilen tätig sind. An dem Prozess sind demnach nicht nur Technische Übersetzer beteiligt. Daher wurde der gesamte Prozess zur multilingualen Erstellung Technischer Kommunikation bei der Entwicklung des Kompetenzrahmens betrachtet.

Der Kompetenzrahmen orientiert sich zunächst an den Tätigkeiten, die im Lauf des Prozesses anfallen. Er ist hierarchisch aufgebaut, doch die Gliederungsebenen 1 bis 4 enthalten noch keine Kompetenzanforderungen, sie strukturieren den gesamten Prozess und die dabei anfallenden Tätigkeiten. Auf Ebene 5 sind 263 Kompetenzen gelistet. Für die Definition der Inhalte wurden auch bereits existierende Kompetenzrahmen und Anforderungen, etwa aus Normen und anderen Kompetenzrahmen für diesen Bereich, berücksichtigt, wie die ISO 17100 und die Curricula für Fachübersetzer des European Master of Translation (EMT). 

Das Ziel war, alles aufzulisten, was an Kompetenzen in diesem Bereich gebraucht wird. Dabei war es nicht einfach, die Grenze zu ziehen, was dazugehört und was nicht. Im Ergebnis zeigte sich, dass 263 Kompetenzen kein einzelner Mensch beherrschen kann. An den unterschiedlichen Arbeitsschritten des Prozesses der Technischen Übersetzung sind Menschen mit verschiedenen Aufgaben beteiligt. Daher wurden im nächsten Arbeitsschritt allen aufgeführten Kompetenzen die Rollen zugeordnet, die diese typischerweise ausführen. Die Rollenorientierung entstammte verschiedenen Modellen zu den Workflows. Insgesamt definierte die Arbeitsgruppen 15 Rollen. Diese entsprechen jedoch nicht zwingend Stellenbezeichnungen – eine Person kann durchaus mehrere Rollen einnehmen.

Nachdem die Kolloquiumsteilnehmer:innen mit dem Kompetenzrahmen vertraut waren, gruppierten sie sich als Nächstes an vier Thementischen, um den Kompetenzrahmen inhaltlich zu bewerten und auf Vollständigkeit zu prüfen. Im Ergebnis aus der Feedbackrunde zeigte sich, dass der Kompetenzrahmen im hohen Maß vollständig ist. Lediglich kleinere Ergänzungen oder terminologische Änderungen wurden von den Kolloquiumsteilnehmer:innen eingebracht.

Im nächsten Schritt wurde diskutiert, was Nutzungsszenarien sein könnten. Erfreulicherweise kamen im Brainstorming sehr viele Ideen zusammen, wie der Kompetenzrahmen eingesetzt werden kann.

Für Hochschulen und Weiterbildungsanbieter kann der Kompetenzrahmen Basis zur Überprüfung eines Curriculums sein oder im Zuge einer Re-Akkreditierung herangezogen werden. Mit ihm kann geprüft werden, ob die Inhalte umfassend und aktuell sind. Er kann als Ideengeber dienen, um neue Lehrveranstaltungen zu konzipieren und Kurse zur Spezialisierung für bestimmte neue Aufgabengebiete zu entwickeln.

Der Kompetenzrahmen zeigt, wieaufwändig und vielfältig die Anforderungen im Prozess der Technischen Übersetzung sind. Daher kann er von Unternehmen zur Überprüfung der eigenen Geschäftsprozesse, für die Personalentwicklung, zur Unterstützung der Führungskräfte zur strategischen Abteilungsentwicklung sowie für Insourcing- und Outsourcing-Entscheidungen genutzt werden. Auch ist er eine Hilfe bei der Entwicklung von Stellenbeschreibungen.

Er kann zudem generelle Grundlage für Argumentationen oder auch Assessments sein. So ist er für die Kommunikation mit den Kunden wertvoll, etwa um darzustellen, was zu tun ist. In diesem Sinn kann er ferner als Basis zur Berufsfeldwerbung in den Bereichen Sprachen und Medien, Sprachen und Technologie sein, um darzulegen, was der Beruf außer der Übersetzung noch alles beinhaltet. So könnten neue Interessent:innen und Studierende gewonnen werden. Er zeigt Berufseinsteiger:innen sowie Personen, die in diesem Bereich bereits tätig sind, was Perspektiven sein können und Entwicklungsfelder sind, um sich berufsbegleitend weiterzubilden, um neue Berufsbereiche und neue Jobperspektiven zu entdecken, z.B. in der Technischen Kommunikation. So kann der Kompetenzrahmen die individuelle Entwicklung von Menschen unterstützen.

Als Fazit meinten die Teilnehmer:innen, dass der neue Kompetenzrahmen neue Perspektiven aufzeigt und sehr viel Informationen und Wissen beinhaltet. Er hat für verschiedene Zielgruppen einen hohen Mehrwert. Hieraus ergeben sich die unterschiedlichsten Nutzungsszenarien. Die Veranstaltung selbst bewerteten sie als interaktiv und produktiv sowie als sehr interessant, impulssetzend und inspirierend.

Isabelle Fleury dankte zum Abschluss den Teilnehmer:innen für ihr Kommen und den Mitgliedern der tekom-AG Technische Übersetzung für die hervorragende Arbeit in den vergangenen Jahren. Was die nächsten Schritte zur Weiterentwicklung des tekom-Kompetenzrahmens sein werden, wird in den kommenden Wochen vom tekom-Vorstand diskutiert. In jedem Fall wurde ein neuer Meilenstein für die Technische Übersetzung gesetzt.